Mittwoch, 8. November 2017

Der beste Zeitpunkt um eine Reise zu planen ist jetzt


Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub und mein Drang auszubrechen, war nie größer.
Es fühlt sich beinahe so an, als wäre ich gezwungen Deutschland immer wieder den Rücken zu kehren, meine Freundin und ein paar Klamotten zu nehmen und weit weit weg zu fliegen.

In 2017 habe ich drei Mal die Grenzen meines Heimatlandes verlassen und bin neben Kurztrips nach Amsterdam und Wien in Island gelandet, um hier meinen Horizont zu erweitern und neue Erfahrungen zu machen.

Wir haben Anfang November, gerade erst wurde die Uhr auf Winterzeit umgestellt und die meisten Menschen sind in Gedanken allerhöchstens bei Weihnachten.
Das Jahr klingt allmählich aus und auch, wenn es eigentlich noch nicht an der Zeit ist über die nächsten Ziele nachzudenken, so komme ich doch nicht umher bereits wieder abzuschweifen.
Noch nie habe ich so früh so intensiv eine Reise geplant, wie es jetzt gerade der Fall ist.

Ganze 10 Monate im Voraus kämpfe ich mich bereits durch Flugticker, Tourangebote, Erklärungen von Tierschutzorganisationen und Tauchgebietsberichte.

Zwischen dem indischen Ozean und der Javasee liegt Indonesien mit unseren beiden nächsten Reisezielen Java und Bali.

Es fühlt sich übereilt an 10 Monate im Voraus zu wissen, wann man am 02.09.2018 morgens das Haus verlassen wird, in welche Bahn man nach Frankfurt einsteigt und welcher Airbus A380 von Emirates sicher mit uns beiden im beliebten Stopover Standort Dubai landen wird, von wo aus wir im Anschluss per Direktflug bis nach Jakarta gelangen.

Ich verliere mich bereits in der Detailplanung und stelle mir Fragen, welche ich auch locker erst vor Ort klären könnte.

Soll ich Krakatoa, den Vulkan, der als Schauplatz für die größte natürliche Explosion in der modernen Zeit herhalten musste, in den Nationalpark Besuch am 2. Tag mit einbauen oder sehen wir uns 6 Tage später schon genug andere Vulkane im Osten Javas an?

Buche ich die schönen lumbungs genannten Bungalows auf Bali oder miete ich uns in ein Taucherhotel ein?

Kann ich Drifttauchgänge einplanen oder ist das zu gefährlich für meine Begleitung?

Fragen über Fragen, die, obwohl sie essentiell sind, auch erst einmal problemlos unbeantwortet bleiben könnten.

Schadet es der Reise, wenn Sie bereits fast ein Jahr vorher in ihren Grundzügen steht?
Ich denke nicht, eher glaube ich, dass es der Vorfreude dient.
Es erlaubt uns mental auszuchecken und bereits die blauen Schwefelfeuer des Mt. Ijen vor dem inneren Auge zu sehen.

Ob ich wohl eine größere Abneigung gegenüber Durian entwickeln werde als es beim isländischen Hákarl der Fall ist?

Viele dieser Fragen werden sich erst beantworten lassen, wenn wir im nächsten Herbst nahe Jakarta gelandet sind und uns allmählich in die Kultur einfühlen.

Indonesien, ich freue mich sehr auf dich und kann es bereits jetzt kaum erwarten dich kennenzulernen.

Beste Grüße 

Chris

Montag, 28. August 2017

Island - Ein Land von Eis und Feuer - Teil 2

Weiter geht es mit der Erkundung Islands.

Im letzten Beitrag schloß ich damit ab, dass wir am Vulkansee Mývatn einige Geheimtipps verpasst haben.
Das ganze Gebiet um den See ist ein in sich geschlossenes Erholungsgebiet mit tollen Wanderwegen, rustikalen Landschaften, frischer Luft und vielen kleinen Dingen, die es zu entdecken gilt - typisch Island eben.

Wir entschieden uns dazu, anstatt direkt in Richtung Osten zu fahren die alte Walfängerstadt Húsavík, die heutzutage Heimat des Walmuseums und ökologischer Walbeobachtungen ist, zu besuchen.
Das Museum ist, wie so ziemlich alle historischen Ausstellungen des Landes mit knapp 15 € Eintritt sicher nicht billig, aber ungefähr im landesweiten Durchschnitt einzuordnen.
Den auf den ersten Blick hohen Preis macht die doch sehr kleine Ausstellung mit sehr viel Anschauungsmaterial wieder weg.
Eine genaue Beschreibung jeder Walart, sowie Bild-,Ton- und Videomaterial sind genauso Bestandteil des Museums, wie Walskelette, die akribisch konserviert wurden.
Das Highlight bildet hier sicher ein 25 Meter langes Blauwalskelett eines mittelgroßen Bullen, der vor einigen Jahren auf Island gestrandet ist.
Wer im Norden Islands unterwegs ist, tut gut daran sich die Geschichte der Wale Islands in dieser Ausstellung anzusehen.

Man merkt Húsavík definitiv seinen Reichtum durch den Tourismus an, gibt es hier doch die größte Chance auf Walsichtungen auf der ganzen Insel.

Fährt man die Hauptstraße 85, welche durch den Ort führt, weiter entlang der Küste nach Norden findet man sich, sobald man die Landzunge hinter sich gelassen hat, am Rand des Nationalparks Jökulsárgljúfur / Vatnajökull wieder.
Hier gibt es die Möglichkeit rechts- und linksseitig des großen Canyons entlang zu fahren, wodurch man letztlich rechts oder links des wasserreichsten Wasserfalls Europas landet.
Vorher sollte man tanken, da die Fahrt an sich schon recht lange dauert und am Ende des Nationalparks auch nicht gerade die Zivilisation in seiner Reinkultur auf dich wartet.
Daher unbedingt vorher direkt neben dem Nationalpark tanken und sich für eine Route entscheiden.
Dazu sei zu sagen, dass man auch in den Canyon fahren kann.

Ásbyrgi, so der Name des Canyons wird auch Sleipnir´s Hufabdruck genannt.
Sleipnir, für die, die es nicht wissen, ist das achtbeinige Pferd des Göttervaters Odyn und es soll hier seinen Hufabdruck in der Erde hinterlassen haben.

Wir wählten die von Norden kommend rechte Seite des Nationalparks zu befahren, also die westliche Route, da man hier die Möglichkeit hat mit Hljóðaklettar eine der spektakulärsten Basaltsteinformationen zu sehen, die es auf unserem Planeten gibt.
Hier scheinen sich riesige Säulen aus Basaltstein an Steilwänden in alle Richtungen zu biegen und zu winden.
Von den Kräften der Erde gegeneinander verschoben ist dieser Ort definitiv einen Besuch wert.

Würde man mich im Norden des Nationalparks absetzen, würde ich glauben, ich bin in einer nordamerikanischen Steppe.
Verdorrte trockene Pflanzen, Nadelgewächse und der Canyon bilden ein für Island einzigartiges Gesamtbild.

Den Kontrast dazu bildet das Gebiet um den bereits erwähnten Wasserfall.
Wie eine Mondlandschaft besticht der Drehort des Films Prometheus durch dunkelgraue Aschefelder durchzogen von kleinen Steinen.
Hier liegt mit dem Dettifoss Europas leistungsstärkster Wasserfall am südlichen Ende des Nationalparks.
Fast 200 Kubikmeter Wasser stürzen hier pro Sekunde in die 45m tiefe Schlucht hinab.
Den Wasserfall kann man bereits aus einiger Entfernung hören und ich muss sagen, es ist einfach gewaltig, was sich hier einem bietet.


Man muss am Rand des Wasserfalls stehend schreien um einander zu verstehen, als würde ein Güterzug kontinuierlich an einem vorbeifahren.

Rückblickend betrachtet, war dies für mich der Auslöser.
Ich habe keinen der anderen Wasserfälle mehr so richtig wahrgenommen, alles verblasste im Vergleich mit dieser Naturgewalt.
Ihr wollt Schönheit und Wucht bestauen? Dann seht euch den Dynjandi und den Dettifoss an und macht danach für alle Zeit einen Haken an das Thema Wasserfälle Europas.

Da wir an diesem Tag aus der Bucht von Akureyri bis hierher gefahren waren, kamen wir sehr spät am Wasserfall an und waren insgesamt 6 Personen auf beiden Seiten des Monsters.
Diese Entspanntheit an einem der Touristenhotspots des Landes war wirklich sehr zu genießen.

In den Abendstunden des nun bereits 7. Tages fuhren wir in Richtung des selbst für isländische Verhältnisse entlegenen Zeltplatzes Möðrudalur.
Dieser ist für mich der schönste Campingplatz auf dem ich jemals gewesen bin.

In Mitten einer kargen Steinwüste liegt eine kleine Gruppe von Häusern, die am Ehesten an eine Hippiekommune erinnert. Naturbaustoffe wie Moos und Holz runden den rustikalen Look ab und Sammy die Hausziege verleiht dem Ort Charakter.
Von hier aus kann man auch zu den unzähligen Helikopterrouten starten, die aber so sündhaft teuer sind, dass wir nie an eine Buchung dachten.
Mit Blick auf den weit entfernten Tafelvulkan und die Königin der Berge Islands, Herðubreið, kann man hier komplett abschalten und die Seele baumeln lassen.

Wir hatten uns für den nächsten Tag nicht allzu viel vorgenommen, allgemein empfinde ich den Osten Islands als eher spärlich mit Pflichtprogrammpunkten gesät.
Tag 8 stand im Zeichen des Ostens Islands und dessen Durchquerung.

Mit Egilsstaðir liegt am großen Bergsee Lagarfljót eine kleine beschauliche Stadt, an die im Osten einige der schönsten Fjorde des Landes grenzen.
Der Schauspieler Ben Stiller beispielsweise fuhr in seiner Rolle des Walter Mitty die malerischen Serpentinen des Seyðisfjörður auf einem Longboard hinab.
Wer nicht für Filmkulissen, sondern schöne Orte das Land bereist, der sollte trotzdem in diesen Fjord einbiegen, denn die gleichnahmige Stadt wirkt umgeben von riesigen Klippen wie ein Alpendorf mit einer Menge Charme.
Leider haben wir etwas Pech mit einer kleinen Wolkendecke gehabt und konnten den Fjord daher nicht in seiner ganzen Pracht sehen.



Nachdem wir den Fjord wieder verlassen hatten, ging es weiter die Ringstraße 1 entlang in Richtung Süden.
Die Region um Egilsstaðir, die den Namen Austurland trägt erinnert sehr an eine schöne alpine Bergregion mit satten Wiesen.
Hier laden Bergflüsse und Wanderpfade zum Erkunden ein.
Da wir am diesem Tag noch bis in den Süden vordringen wollten, fuhren wir durch Abkürzung über eine kleine Bergstraße recht zügig bis an die Südostspitze Islands.

Hier, am Leuchtturm von Hvalnes gibt es den schönsten Vulkansteinstrand des Landes.
Am Leuchtturm stehend, konnten wir das Ende des schmalen Strandes in der Ferne nur erahnen.
Hier blies uns zum ersten Mal ein heftiger Wind entgegen, so stark, dass man bereits aufpassen musste, dass einem die Autotür nicht weggerissen wird.


Ich habe es bisher noch nie erlebt, dass mich eine Mietwagenfirma explizit darauf hingewiesen hat, dass durch Winde zerstörte Türen nicht im Versicherungspaket enthalten sind.
An diesem Ort wurde mir klar, warum das der Fall ist.
Eine Unachtsamkeit bei starkem Wind und das Türgelenk reißt aus.

Scharen von Eiderenten belagern den Strand und bieten abermals den Vogelenthusiasten eine tolle Anlaufstelle.

Da wir uns nun im Süden der Insel befanden, konnten die großen Gletscher nicht weit sein.
Der Vatnajökull ist gleichzeitig der größte Gletscher des Landes, sowie der mit Abstand größte Nationalpark.
Der Park erstreckt sich über 14% der Landmasse Islands und beherbergt neben Vulkanen und mehreren Gletschern auch den berühmten Jökulsárlón, die Gletscherlagune, dessen Eismassen Scharen von Touristen an seine Ufer ziehen.

Bei leider sehr diesigem Wetter fuhren wir diesen Ort an und konnten lediglich einen eingeschränkten Blick auf den See werfen, der unweit von der Nordatlantikküste entfernt ist.
Nach einigen Minuten verließen wir den See wieder, um uns einen Campingplatz zu suchen und es am nächsten Tag bei besserem Wetter erneut zu versuchen.

Auf dem Weg zu unserem Campingplatz zeigten sich uns massive Gletscherzungen, die aus dem Nationalpark in Richtung Meer zu ziehen schienen.
In dieser Nacht sollten wir die erste halbwegs reale Nacht erleben, da wir im Schatten des größten Berges Islands campierten, dem Hvannadalshnúkur.
Sein Schatten erlaubte zum ersten Mal in diesem Urlaub eine Abendstimmung und so genossen wir die unbekannte Dunkelheit der Nacht.


Wir hatten Glück, am nächsten Tag war das Wetter komplett aufgeklart und der Jökulsárlón, sowie dessen Nachbarlagune Fjallsárlón zeigten sich von ihrer besten Seite.
Für mich persönlich war es viel imposanter die großen Gletscherzungen zu sehen, die in die Lagunen ragen, wirklich gewaltig, was hier einem die Natur bietet.
Durch Wanderwege ist es möglich die beiden Lagunen und die Gletscher ohne viel Gedrängel zu betrachten und den definitiv vorhandenen Massen an Touristen zu entgehen.

An diesem Tag hatten wir noch viel vor und ich möchte meinen, dass es der anstrengendste Tag der Reise war.
In Richtung Westen fahrend, kamen wir bald an einer Weggabelung vorbei, an der man ins Landesinnere auf der F208 bis ins Hochland von Landmannalaugar gelangen kann.
Zuerst wollten wir uns allerdings im Süden noch einige Punkte ansehen.

Reynisfjara, der Strand von Vík wird allgemein als tollster Vulkansteinstrand verkauft, doch ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir der Strand bei Hvalnes um einiges besser gefallen hat.
Hier im Süden des Landes merkt man die erhöhten Besucherzahlen doch deutlich. Wer eine Umrundung der Insel als zu beschwerlich oder lange erachtet, der macht eine 2-3 tägige Reise im Süden des Landes.
Weitere Basaltformationen am Strand von Vik lockten daher hunderte Besucher an, von denen wir uns aber fernzuhalten wussten.

Dyrhólaey ist ein alleinstehendes Felsenplateau direkt am Meer auf dessen großer Plattform ein unglaublich starker Wind weht und man einen tollen Blick über die Küstenlinie neben sich, das Meer vor sich und die Gletscher hinter sich genießen kann.

Der trockene Sandstrand im Westen lockt zahlreiche Fotografen und deren Begleiter mit einer sonderbaren Attraktion. In Mitten von staubigem Sand aus Vulkangestein liegt eine US-amerikanische C-117, ein Flugzeug, das einem alten Bomber ähnelt.
4 Kilometer Fußmarsch von der Straße entfernt, pilgern hier viele Menschen zum Wrack der in den 70ern abgestürzten Maschine, um das beste Foto zu schießen.



Wieder am Parkplatz angekommen machten wir uns auf den Weg zur vorher passierten Weggabelung zur F208.
Hier möchte ich gerne noch einmal einhaken.
Urlaub machen, neue Kulturen und Natur kennenlernen, das bedeutet für viele Menschen Entspannung, die Seele baumeln lassen, den Alltag vergessen und sich einfach treiben zu lassen.
Nun gibt es aber auch die Abenteuerurlauber, wie mich, die neben diesen Dingen auch den Nervenkitzel suchen, das Gefühl am Leben zu sein intensiver wahrzunehmen als es sonst der Fall ist.
Hürden sind dazu da, um überwunden zu werden und im Nachgang sagen zu können: „Ich war hier, ich bin dadurch und kam heil wieder raus.“ .

Die F208 bietet genau das.
Während Sie zu Beginn eine eher gewöhnliche Kieselstraße ist, erreicht man nach einigen Kilometern ein Warnschild, welches einem mehrere Dinge aufzeigt und ausdrücklich verbietet das nun folgende Gebiet mit einem handelsüblichen PKW zu befahren.
Luftlinie gerade einmal 20 Kilometer von hier entfernt, liegt in Mitten des Hochlandes die Ebene Landmannalaugar und der gleichnamige Zeltplatz.
64 Kilometer Hochlandstraße lagen vor uns und wir wussten bereits, was uns an diesem Abend noch bevor stehen sollte.


Wenige Kilometer nach der Einfahrt auf die Hochlandstraße und mit teils horrenden Straßenverhältnissen, bei denen viele Autos nicht weiter gekommen wären, liegt ein kleiner Campingplatz neben der Straße.
Dies konnte doch nicht Landmannalaugar sein, dachten wir uns. Der Weg war viel zu kurz und, ohne überheblich klingen zu wollen, viel zu einfach zu überwinden.
Wir fragten die ansässige Parkrangerin nach dem Zeltplatz von Landmannalaugar, den Sie uns weitere 55 Kilometer entfernt zwischen den Bergen versprach.

Nun ist ein Mitsubishi Pajero wahrlich kein kleines Auto, selten war unser Gefährt auf Parkplätzen nicht das Größte.
Doch die Rangerin blickte unbeeindruckt den Jeep an, auf den wir ja so stolz waren und meinte nur, dass er vielleicht etwas zu klein sein könnte. Die Bodenfreiheit lässt wohl zu wünschen übrig.
Sie wollte uns sicher keine Angst machen, ich konnte ihren Kommentar gut einordnen.
Immer wieder müssen auf dieser Straße Fahrzeuge aus den Flüssen geborgen werden, was nicht nur den Totalschaden des Fahrzeugs bedeuten kann, sondern auch einen saftigen 5-stelligen Rechnungsbetrag für die Bergung mit sich bringt.
Bevor Sie uns gehen ließ, erklärte Sie eindringlich, wie eine Flussdurchquerung am besten durchzuführen ist.
Man solle sich am Rand des Weges aufhalten, um nicht in die Fahrrinnen der größeren Fahrzeuge einzutauchen und unbedingt schräg auf das Gewässer zu fahren, damit die Strömung das Fahrzeug weniger stark erwischt.

Die Tipps waren Gold wert, sollten wir doch die nächsten 2,5 Stunden damit verbringen 55 Kilometer Hochlandstrecke und über 10 Flüsse zu durchfahren.
Gletscherflüsse sind besonders tückisch, da ihre Fließgeschwindigkeit sehr viel höher ist, als die von Flachlandbächen, wie man sie z.B. in Australien vorfindet.
Zusätzlich dazu sind die Flussbetten meist aus Kies und daher nicht sehr beständig.

Einige Kurven nach dem Campingplatz fuhren wir auf das erste Flussbett zu und ich bereitete mich auf das, was die erste von vielen Barfußbegehungen der Flüsse sein sollte, vor.
Eiskaltes Gletscherwasser und eine leichte Strömung umgaben meine Beine bis zum unteren Ende meiner Knie, während ich den besten Weg durch das Flussbett zu finden versuchte.
Konzentriert setzte ich mich wieder hinter das Steuer und fuhr mit ein wenig Anlauf durch den vorher ausgewählten Weg im Fluss.
Es funktionierte einwandfrei, auch wenn es doch sehr befremdlich für eine 4er Gruppe von behüteten Stadtkindern ist durch Gletscherflüsse mit einem Jeep zu fahren.

Die Strecke zog sich sehr lange hin und die restlichen 50 Kilometer bis zum Zeltlager waren von den schlimmsten Schlaglöchern gepflastert, die ich je gesehen habe. Man merkt wirklich, dass hier einfach keine normalen Straßenregeln mehr gelten.
Steigungen und Gefälle jenseits der 15%, knietiefe Flusspassagen und hohe Steinkanten, die den Tod für jeden Unterboden bedeuten können.
Manchmal kamen auch einige dieser Faktoren zusammen, wie z.B. bei extremer Steigung Schlaglöchern auszuweichen.

Da konnten wir froh sein, dass Wasser die nette Angewohnheit hat nicht über Steigungen zu fließen.
Es wurde langsam dunkler, als wir gegen 23 Uhr das Zeltlager in Mitten von Landmannalaugar erreichten.
Der Parkplatz vor dem Lager erschien mir unerwartet voll zu sein, jedoch beantwortete mir die große überflutete Furt vor dem Zeltplatz diese Frage. Nach über 2 Stunden extremem Gelände wollte ich es nicht noch ein letztes Mal riskieren steckenzubleiben. Ab hier sollte es in den Norden keine weiteren Flusspassagen geben und die paar hundert Meter in das Lager konnten wir auch über eine kleine Brücke zu Fuß bewerkstelligen.


Das Camp von Landmannalaugar hat einen Basiscamp Charakter.
Schroffer Steinboden mit Expeditionszelten bietet Wandergruppen einen Ausgangspunkt zu Ausflügen in den Nationalpark.
Hier standen mit Abstand die größten Fahrzeuge, die ich auf der Reise gesehen haben.
Umgebaute THW Fahrzeuge, Unimogs und eine Armada an Land Rover Defender lies mich hinterfragen, wieso ich so lange überzeugt war, dass der Pajero hier mitmischen könne.
Eigentlich hatte ich geplant hier einen Wandertag einzulegen, aber die Strapazen des vorherigen Abends gepaart mit dem unangenehmen Schlafplatz haben uns alle dann doch lieber den Weg in die Zivilisation zurück suchen lassen.

Es war mir eine große Freude schwierigste Passage meiner bisherigen Fahrerkarriere, wenn ich das nächste Mal zu dir komme, dann auf doppelt so großen Reifen und mit Nebelhörnern.

Die Nordstrecke in den Nationalpark, in dessen Mitte das Basislager liegt, ist mit weiteren 50 Kilometer nicht viel kürzer als der südliche Teil, jedoch dank fehlender Flüsse und anderweitig extremen Bedingungen sehr viel leichter zu befahren.
Sollte also Jemand hier her wollen, nehmt die Nordroute über die F26, die andere Richtung ist nur was für die ganz Harten…und für mich.
Nein im Ernst, ich würde nicht empfehlen mit Kleinstjeeps, wie einem Suzuki Jimny die südliche Straße zu nehmen.

Weitere 85 Kilometer weiter südlich stießen wir wieder auf die Ringstraße 1, nachdem wir insgesamt mehr als doppelt so viel Strecke aus dem Nationalpark heraus bewältigen mussten, als der Hinweg in Anspruch nahm.

In Sichtweite der beiden Vulkane Hekla und dem, aktuell sicher bekanntesten Vulkan Islands, dem Eyjafjallajökull stellten wir unsere Zelte auf und besuchten einige sehr schöne Wasserfälle des Umlandes inkl. dem wundervoll versteckten Gljúfrabúi. Hier könnt ihr durch einen Spalt über einige Trittsteine im Flussbett in eine Höhle gelangen, in die von oben der Wasserfall herein stürzt.
Das ist sehr nass, aber auch sehr sehr schön. Der Seljalandsfoss und der Skógafoss sind dann eher die typischen, wenn auch wunderschönen Touristenspots, die es trotzdem lohnt sich anzusehen.
Wahrscheinlich sind es für jemanden der Dynjandi und Dettifoss nicht gesehen hat mit die tollsten Wasserfälle des Landes, doch wie bereits erwähnt, wurde meine Wenigkeit etwas übersättigt.

Ungefähr 30 Kilometer südlich des Festlandes liegt in Sichtweite des Gipfels des Eyjafjallajökull die Inselgruppe der Vestmannaeyjar oder wie wir sie nennen, die Westmann Inseln.
Wir hatten bereits 2 Tage zuvor, so will es die Fährengesellschafft, Fahrkarten für eine Überfahrt auf die Hauptinsel der Vestmannaeyjar Heimaey gebucht.
Diese sind mit knapp 10 € wirklich nicht zu teuer und abgesehen von dem tollen Zielort ist es auch einmal schön das Land vom Meer aus zu sehen.

Vielleicht kennen einige der lesenden internetbegeisterten Menschen Fotos von schroffen Inseln, deren grüne Landmasse lediglich von einer einzigen kleinen Hütte besetzt ist.
Diese Rückzugspunkte im Falle einer Zombieapokalypse befinden sich hier.
Die Hütten sind alte Jagdhäuser, die die Isländer für die mehrtägige Jagd auf Puffins, Papageitaucher genutzt haben.
Heimaey hat gleich zwei größere Nistplätze dieser Vögel, die zusammen mit den Gruppen der umliegenden Inseln, die größte Puffinkolonie Islands und eine der größten der Welt bilden.

Die Hauptinsel der Vestmanneyjar wurde vor 24 Jahren Schauplatz eines Vulkanausbruchs, der die Insel und seine Bewohner langfristig verändern sollte.
Die Küstenlinie an der der Vulkan ausbrach verschob sich um einen Kilometer ins offene Meer, so sind heutzutage mehrere Quadratkilometer neue Landmasse, sowie ein neuer Vulkanschlot auf der Insel zu finden.
Glücklicherweise gab es damals keine Katastrophe, die Menschenleben kostete und so bauten die Bewohner ihre Stadt wieder auf. Das wirklich gute Vulkanmuseum erinnert an die Ereignisse von 1973 und stellt auch die Insel Surtsey vor.

Surtsey ist der einzige Ort auf der Welt, an dem der Mensch die Entstehung von Leben und die Besiedlung neuer Gebiete erforschen kann.
Eine Sperrzone um die Insel lässt keine menschliche Besiedlung zu und lediglich Expeditionen zur Kartographie und Artenbestimmung sind erlaubt, wirklich spannend.

Nachdem wir im Museum waren, bestiegen wir den neu entstandenen Vulkan Eldfell, der 200 Meter über dem Meeresspiegel thront.
An dessen Spitze, an der wir uns kurz ausruhten und den Ausblick genossen, befindet sich ein kleines Loch im Boden.
Hier geht es höchstens einen halben Meter tief in die erkaltete Vulkanschlacke hinein, bis man den Boden mit der Hand erreicht.
Der Vulkan strahlt an dieser Stelle eine unglaubliche Wärme aus, hier könnte man sogar Käse schmelzen.
Nicht, dass ich das ausprobiert hätte oder so, das wäre ja albern.

Bis jetzt hatten wir noch nicht einen Puffin gesehen und da schon Rentiere im Landmannalaugar, Polarfüchse und Wale uns nicht begegnet sind, wollten wir unbedingt diese Tiere aus nächster Nähe sehen.

Genau gegenüber vom Vulkan liegt die Schlucht Herjólfsdalur an deren Ende eine fast 280m hohe Klippe aus dem Boden ragt.
Ich kann euch sagen, ich bin noch nie einen so steilen Wanderweg empor geklettert.
Ungefähr 230 Höhenmeter im Zickzack an einer Steilwand empor ging es bis zum Bergkamm an dessen Überhang der Meereswind uns fast die Beine wegriss.
Nach einigem Hin und Her entschloss sich meine wunderschöne Reisepartnerin dazu, dass wir für Puffinsichtungen wohl noch weiter mussten.
Von hier aus können Mutige ein Stück weit zur Nordwestspitze der Insel auf dem Kamm entlang laufen und auf der Meeresseite der Steilklippe auf Vogelschau gehen.

Hier sahen wir sie dann in weiter Ferne arttypisch trolldoof mit den Flügeln schlagen.
Immer wieder flogen die kleinen Mischungen aus Papagei und Pinguin über uns hinweg, jedoch in einer Entfernung, die es unmöglich machte als Hobbyfotograf gute Aufnahmen der Tiere zu erhaschen.

Leicht enttäuscht aber dennoch glücklich machten wir uns auf den Rückweg.
Die Fähre zum Festland legte gegen 21 Uhr zum letzten Mal ab und wir hatten nur noch in etwa 2 Stunden auf der Insel, mussten aber noch ins Tal zurück und in die Stadt.
Es war also Zeit für den Rückweg, da bemerkten wir, dass wir wohl den Aufstieg über blind gewesen sein mussten.

Auf der Landseite der Klippe, kurz unter dem Bergkamm führten die Puffins einen Tanz auf und flogen teils wenige Meter über unseren Köpfen hinweg.
Ich bin kein Tierfotograf und werde es wohl auch eher nicht werden, aber der Durst die Tiere aus nächster Nähe zu sehen und das auf Film zu bannen, war deutlich spürbar.
Da ich mit meiner Handykamera hoffnungslos ausgerüstet war, musste ich mich auf meine Begleiter verlassen, die hier wohl stundenlang den schönen kleinen Tieren hätten zusehen können.


Hier oben stehend, genossen wir die Aussicht auf diese kleine Insel und ihre wundervolle Tierwelt in vollen Zügen.
Auch wenn es nicht ungefährlich ist und Bootstouren für die Tiere sicher besseren Abstand halten, so kriegt man in Mitten der Flugrouten, unweit der Nester der Tiere doch viel mehr das Gefühl Teil der Natur zu sein.

Nach dem Abstieg, der ebenfalls sehr mühsam war, begaben wir uns zur Fähre und fuhren zurück zum Festland.
Wie bestellt verabschiedeten uns die Puffins mit Jagdeinlagen auf dem Meer und Taucheinlagen in der Abendsonne.
Vertu blessaður Heimaey, auf Wiedersehen Heimaey, du bist eine Perle.


Zurück an Land fuhren wir in Richtung Reykjavik, da wir den spontan umgebuchten Wagen nicht die volle Zeit über behalten konnten, weil er im August vermietet war, mussten wir das Fahrzeug tauschen und so campierten wir südlich der Stadt Selfoss, bevor wir am nächsten Tag den Golden Circle, die Touristenmeile Islands besuchen wollten.

Hier im Hinterland Reykjaviks befinden sich die großen Geysire, von denen der Größte diesem Naturphänomen den Namen gegeben hat.
Geysir schießt nur während eines Erdbebens heißes Wasser 70 Meter in die Höhe, sein kleinerer Bruder hingegen schießt alle 10 Minuten 1-2 Mal eine 15 Meter hohe Säule.
Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich habe mir hiervon irgendwie mehr erhofft.
Das Areal um die Geysire ist sehr interessant mit teils Azurblauen Teichen aus kochendem Wasser, aber die unglaublichen Touristenströme und eher moderate Höhe des Geysirs machen dies nicht zu einem Highlight für mich.

Ein Stück nördlich der Geysire befindet sich mit dem Gullfoss der wohl meist frequentierte Wasserfall Islands.
Tausende Menschen drängten sich zum Rand des Wasserfalls und machten den Ort ebenfalls nicht zu einem Highlight.
Versteht mich nicht falsch der Wasserfall sieht toll aus und ist gewaltig groß, aber nun ja Dettifoss ist ihm zuvor gekommen.


Das letzte Ziel des Golden Circle ist der Nationalpark Þingvellir, das wird in etwa thingvellir ausgesprochen.
Hier sieht man die Kontinentalspalte, die Island auf zwei tektonischen Platten sitzen lässt am aller deutlichsten.
Man kann zwischen den Rändern der Platte entlang laufen und von Amerika zur eurasischen Seite blicken.
Ein toller Ort nicht nur für Geologen, sondern auch für Sporttaucher, denn der See Þingvallavatn beinhaltet die Silfraspalte, welche dafür bekannt ist, das klarste Wasser der Welt zu enthalten.
Da ich keine Ambitionen hatte einen Trockentauchschein zu machen und dann 300 € für einen Tauchgang auszugeben, habe ich mir das Spektakel lieber mit meinen nicht Tauchfreunden und meinem Tauchbuddy fürs Leben von oben angesehen.
Es ist unglaublich, wie klar das Wasser hier ist, die Treppe, welche in die Spalte führt lässt nicht erkennen an welcher Stelle das Wasser beginnt.

Somit ist klar, dass ich hier irgendwann einmal mit einer Flasche auf dem Rücken in das 2-4 Grad kalte Wasser eintauchen und mir das Ganze von unten ansehen muss.

Für die restlichen Tage auf Island nisteten wir uns auf der Halbinsel von Keflavík unweit von Reykjavik ein.
Wir brachten am nächsten Tag das Auto zur Vermietungsfirma und erhielten einen sehr neuen Hyundai Tucson als Leihwagen für die restlichen Tage.

Reykjavik selbst ist wirklich nicht sehr groß und auch die Attraktionen und Sehenswürdigkeiten halten sich leider in Grenzen.
Nebst einem Besuch in der Hallgrimskirkja, von deren Kirchenturm aus man die ganze Stadt sehen kann, empfehle ich einen Besuch in den beiden Szenestraßen Austurstræti und Bankastræti.
Hier ist Reykjavik wirklich cool und jung, so wie ich es mir vorgestellt habe.

Darüber hinaus waren wir lediglich etwas Landestypisches essen.
Hier habe ich neben dem unglaublich leckeren plokkfiskur, was grob gesagt Kartoffelbrei mit Fischstückchen ist, auch hákarl gegessen, den berüchtigten fermentierten Hai.
Ich will über die Essbarkeit nicht urteilen, mir hat es gar nicht geschmeckt und eine sich entwickelnde Fäulnis im Mund ist nicht mein Fall, aber ein Bekannter von mir, den wir einige Tage später in einem Vorort getroffen haben, schwört auf das Zeug.
Isländisches Roggenbrot ist der Wahnsinn und auch Lammfleisch ist nie verkehrt.

Nun bleibt mir nur noch übrig unser letztes Highlight dieser Reise näher zu beschreiben.
Am Vortag unserer Abreise hatten wir eine Tour in den Thrihnukagigur Vulkan gebucht und fuhren hierzu einige Kilometer von Reykjavik entfernt in ein im Sommer stillgelegtes Skigebiet.

Während der Wanderung zum Vulkan konnte man auch hier die Plattentektonik deutlich sehen, so mussten wir beispielweise über eine kleine Metallbrücke laufen, die praktisch Euroasien mit Amerika verbunden hat.
Nach einem kurzen Briefing im Basecamp der Firma, die den Abstieg in den Vulkan anbietet, legten wir schon die Sicherungsgurte an und setzten die Höhlenforscherhelme auf.

120 Meter tief fährt man hier vom Gipfel des Vulkans mit einem umgebauten Fensterputzerlift bis auf den Boden der kollabierten Magmakammer hinab.
Hier unten kann man in einer kleinen Gruppe von 8 Leuten die Kräfte der Natur mit eigenen Augen sehen.
In Mitten der Erde fühle ich mich zurück erinnert an den Beginn unserer Reise und die Abenteuer der Figuren aus Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, die am Snæfellsjökull ihren Anfang nahmen.



Wo wir gerade beim Thema „Zurück“ sind, am nächsten Tag stiegen wir nachts in den Flieger und konnten sicher in Frankfurt landen.
Frankfurt hat übrigens mehr als zweimal so viele Einwohner, wie das schöne Land, das ich euch auf den letzten Seiten vorstellen durfte.

Am Ende dieser Reise bleibt mir nur übrig mich bei meiner Reisegruppe und meiner Freundin zu bedanken, die mich durch die nächtliche Kälte hinweg begleitet hat.
Island ist wahrlich kein Land für einen entspannten Erholungsurlaub.
Es ist ein Ort der einem seine Schönheit nur zeigt, wenn man es sich verdient und ich denke, dass wir 4 das allesamt geschafft haben.

Wir haben über 3,500 Kilometer in 16 Tagen zurück gelegt und dabei eine raue Umgebung kennengelernt, vor deren Bewohnern ich meinen Hut ziehen muss.
Man lässt viel Schweiß durch beschwerliche Wege und Tränen durch Wind und Kälte zurück, aber man nimmt sich doch ein Stück Island mit.
Nämlich das Wissen, dass der Mensch nicht immer Herr seiner Umgebung sein kann oder sollte.
Der Einklang mit der Natur ist es doch, der einen am meisten erfüllt.

Neue Wege findet man nicht indem man das Straßenschild auf der planierten Straße liest, sondern durch die Besteigung von Bergen, die Entdeckung von Tieren, deren Sichtung man fast aufgegeben hat.
Schaut euch Island an, wenn ihr denkt dafür gemacht zu sein, aber bitte reiht euch ein, denn nichts wäre schlimmer, als dieses Land, wo der Mensch geduldet wird, unserer alleszerstörenden Modernisierung zum Opfer fallen zu lassen.

Danke für euer Durchhaltevermögen bei diesem ewig langen Beitrag.
Ich hatte noch nie so viele Dinge über die ich schreiben und so Wenige, die ich außer Acht lassen wollte.


Bis zum nächsten Mal Freunde.

Dienstag, 22. August 2017

Island - Ein Land von Eis und Feuer


Island, eine Vulkaninsel geprägt von dem Zusammenspiel der Elemente, deren Wind ein Lied von Eis und Feuer spielen.

Am 17.Juli 2017 ging es für zwei meiner besten Freunde, meine Freundin und mich auf eine Reise in dieses spannende Land

Über Schottlands Küste hinweg in Richtung Grönland manövrierte unser Kapitän das Flugzeug mit dem Ziel Keflavik Airport nahe der isländischen Hauptstadt Reykjavik.
In strömendem Regen und mit heftigen Meereswinden erreichten wir am frühen Nachmittag das nordwestlichste Land Europas und wurden direkt von schlechtem Wetter empfangen.

Eine der Weisheiten auf Island lautet, warte 5 Minuten, wenn dir das Wetter nicht gefällt.
Leider war uns damit nicht geholfen und es blieb fürs Erste bedeckt, regnerisch und windig.

Noch in der Ankunftshalle des Flughafens und mit einem genaueren Blick auf den Berg an Gepäck wurde mir schlagartig bewusst, dass unser Mietwagen bei weitem nicht für das mitgebrachte Hab und Gut ausreichen würde.
Ein Gespräch mit der Vermietungsfirma brachte die Lösung, die da hieß Upgrade!
Unser Gefährt für die Umrundung der Insel sollte ein Mitsubishi Pajero werden, welchen wir allerdings wenige Tage vor unserem Rückflug aus terminlichen Gründen gegen ein anderes Gefährt tauschen mussten.
Dies sollte sich jedoch als völlig unkompliziert herausstellen und im Nachhinein betrachtet war das Upgrade auf einen großen Jeep eine sehr gute Entscheidung.
Mit insgesamt fast 5000€ für 16 Tage Fahrzeugmiete handelte es sich jedoch um eine sehr kostspielige Entscheidung.
Ich bin noch nie zuvor mit einem Automatikgetriebe gefahren und auch ein so großer geländegängiger Jeep war für mich erst einmal Neuland.


Aufgrund des angekündigten Wechsels des Fahrzeuges am 31.07 entschieden wir uns dazu, zuerst die Insel im Uhrzeigersinn zu umrunden und im Anschluss Reykjavik und die Halbinsel, auf der sich der Flughafen befindet zu erkunden.

In nördlicher Richtung fuhren wir aus dem Ballungsgebiet Reykjavik heraus in Richtung Norden auf der Ringroad 1 zu unserem ersten Campingplatz in dem kleinen Fischerdorf Akranes.
Die Ringroad, welche in den folgenden 2 Wochen immer wieder Anlaufpunkt werden sollte, ist eine einspurige Landstraße, die zu sagen wir 95% asphaltiert ist. Hier gilt das Tempolimit 90, auf Straßen mit Kieseln bzw. anderen Hochlandstraßen, sogenannten F-Roads sind maximal 80 Km/h erlaubt.

Rund 42 Kilometer entfernt von Reykjavik stellt Akranes einen ersten kleinen Vorgeschmack für das was Island zu bieten hat dar.
Fischereiindustrie, Blechdachhäuser gezeichnet von Stürmen und wunderschöne Islandpferde hießen uns hier am ersten Abend willkommen.
Ohne viel vorweg nehmen zu wollen, übersättigt Island seine Besucher mit der spektakulären Natur, die es zu bieten hat.
Dies wurde direkt am ersten Morgen deutlich als vom Zeltplatz aus die erste Steilwand in Küstennähe zu sehen war.

Durch plattentektonische Bewegungen wurde Island aus dem Ozean gehoben und dabei entstanden die Plateaus und Bergketten, welche jeden Fjörd und jede Bucht säumen. 
Sie sind teils stark bemoost und dadurch in sattem Grün gehalten. Häufig sind die Steilwände jedoch so extrem ausgebildet, dass vor dem harten Kern der Berge lediglich eine Geröllwiese bis zur Straße reicht. 
Dieses Bild von steilen schroffen Klippen direkt neben der Straße würde eines der bestimmenden Themen dieser Reise werde.
Island wirft einem nicht nur Steilwände entgegen, sondern auch Wasserfälle und heiße Quellen gibt es praktisch an jeder Ecke.
So packten wir also unsere Sachen zum ersten Mal zusammen, erkundeten noch einmal entspannt das kleine Fischerdorf und fuhren dann in Richtung Norden weiter, um uns mit Hraunafossar und Barnafoss die ersten Sehenswürdigkeiten der Reise anzusehen.

Hraunafossar ist eine Gruppe von Wasserfällen, welche über eine Gesteinswand in einen kleinen Fluss mündet und auf Fotos definitiv größer erscheint, als Sie es in Wahrheit ist.
Barnafoss, der gewaltige Nachbar des Hraunafossar glänzt dahingegen mit schroffen Kanten, tosender Brandung am Fuße der mehreren Stufen des Wasserverlaufes und Basaltsteinformationen, wie sie ganz typisch für Island sind.
Überall auf der Insel finden sich Gesteinsformationen mit den unverkennbaren Basaltsäulen, deren Ausrichtung zueinander wie ein Geschichtsbuch von den Kräften erzählt, die das Gestein in die heutige Form gedreht und geschoben haben.

Bereits hier im eigens für die beiden Wasserfälle angelegten Park ist deutlich zu spüren, dass Touristen einen großen Teil der anzutreffenden Menschen ausmachen. 
Generell hat Island jedes Jahr weitaus mehr Touristen als Einwohner zu beherbergen. Dies spiegelt sich auch zu recht in der Herangehensweise der Bevölkerung an uns Fremde wieder. 
Reserviertheit, Unverständnis bezüglich dummem Verhalten oder einfach nur Frust über die vielen Menschen sind hier definitiv spürbar.
Daher war von Anfang an, wie auf jeder meiner Reisen, klar, dass der Respekt vor den Bewohnern und ihrer Kultur , sowie Vorsicht im Umgang mit der Natur oberstes Gebot sein mussten.
Auch die Isländer selber bitten, fast schon verzweifelt um die Achtung der Natur, die doch sehr unter den Negativbeispielen von Touristen leiden muss.

Ganz in der Nähe der Wasserfälle befinden sich mit Deildartunguhver die heißesten Quellen Europas.
Island beheizt viele Gemeinden mit Erdwärme aus diesen heißen Quellen und leitet das heiße Quellwasser über Rohre in die Ortschaften. Ein weiteres Plus ist die Tatsache, dass Island zu 100% durch Wasserenergie Strom bezieht, einsame Spitze in der Welt.

Nach einer guten Stärkung aus der spartanischen Campingküche fuhren wir Richtung Westen zur Halbinsel Snæfellsnes, auf der sich neben dem namensgebenden Gletscher/Stratovulkan Snæfellsjökull auch ein Strand mit einer Robbenpopulation, sowie Paradise für Vogelenthusiasten befinden.
Bevor wir für die Nacht unser Lager in nächster Nähe zum Nationalpark Snæfellsjökull aufgeschlagen haben, fuhren wir zum Strand von Ytri Tunga, der berühmt dafür ist, dass man hier sehr nah an Robben herankommen kann.


Tatsächlich war es mir dann am Ende fast ein wenig zu nah. Bis auf geschätzt 20m konnte man an die Tiere herankommen, das ist ein Fünftel der erbetenen Abstände der Naturschützer.
Die Robben scheint es wenig zu stören, dass wir so nahe vor Ihnen über Steine klettern, nur um Ihnen nahe zu sein, jedoch hat es mit Sicherheit große langfristige Auswirkungen, wenn der Mensch so exzessiv in den Lebensraum dieser Tiere eindringt.
Im Gegensatz zu den Robben haben wir Menschen es bei manchen Tieren nicht so gerne, wenn Sie uns nahe kommen, besonders, wenn es sich dabei um Küstenseeschwalben handelt, die ihr Nistgebiet verteidigen wollen.
Als meine Freundin und ich nichtsahnend zu den Robben am Strand entlang liefen, mussten wir förmlich die Flucht ergreifen, um nicht weiter attackiert zu werden. Somit lernen wir, dass die Küstenseeschwalbe während der Brutzeit in gewisser Weise als Robben Bodyguard arbeitet.

Da der Nationalpark Snæfellsjökull an der Spitze der Halbinsel liegt, überquert man die Bergpassage am besten über die 54, welche einige Kilometer nach dem Ytri Tunga Strand einen Knick ins Landesinnere und auf mehrere hundert Höhenmeter macht.
Da zu diesem Zeitpunkt immer noch kein wirklich gutes Wetter war und Regengüsse ab und an unsere Route heimsuchten, konnten wir nicht erahnen, was da gerade links von uns im Nebel an uns vorbei zieht.

Angekommen im kleinen Örtchen Hellissandur schlugen wir die Zelte direkt neben großen Lavafeldern auf, die bis zum Berg reichten.
Auf diese Weise konnten wir am Folgetag direkt im Nationalpark starten und das Areal um den Gletscher, sowie die anderen Naturwunder dieser Zone erkunden.
Von hier aus konnte man dann auch zum ersten Mal durch die Wolkendecke einen Blick auf den Gipfel erhaschen.

Der 700.000 Jahre alte Stratovulkan und Gletscherberg ist mit 1,446 Metern sicher nicht der höchste Berg des Landes, jedoch aufgrund seiner Anziehungskraft für Schriftsteller und Abenteurer einer der Pflichtbesuche in Island.
Hier machten sich die Figuren aus Jules Verne´s „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ auf den Erdkern zu erreichen. Naturgeister beschützen den Berg und dessen lokale Elfen und Trollpopulation.

Am Morgen des nächsten Tages machten wir uns auf den Weg diesem magischen Ort noch ein ganzes Stück näher zu kommen.
Abseits der Hauptstraße führt eine F-Road mehr oder weniger direkt auf den Berg zu und einen weiteren Wasserfallbesuch später befanden wir uns auf der bis dato bei Weitem herausfordernsten Strecke der Reise.
Mit jedem Höhenmeter wurde es nebeliger und die Gipfel, welche die Hochlandstraße beidseitig säumen, waren nur noch anhand ihrer Steilwände zu erahnen.
Auf schätzungsweise 400 Höhenmetern wurde der Nebel so dicht, dass ich maximal noch 10 Meter Sichtweite hatte und über einen schmalen durchlöcherten Bergweg unsere Reisegruppe weiter und weiter in Richtung Gletscher fuhr.

Risikobereitschaft ist eine Sache, zu wissen wann es reicht eine Andere.

Als ich neben mir in einer Ausbuchtung des Bergweges ein Kettenfahrzeug eines der Unternehmen erblickte, welche Expeditionsfahrten auf den Gipfel anbieten, wurde mir bewusst, dass wir allmählich in Höhenlagen vordrangen, die nicht unbedingt für einen handelsüblichen Jeep geeignet sind.
Wir entschieden uns dazu genau hier eine Pause zu machen und ein kleines Eisfeld, womöglich einen Ausläufer des Gletschers zu betreten.
Nach ein paar Fotos ging es dann wieder den Berg hinab.

Der Nebel war mittlerweile so dicht, dass eine Brücke, die ich auf der Hinfahrt noch gut an der Seite ausmachen konnte, im bedrohlichen Weiß verschwunden war.
Nebel habe ich im Flachland nur einmal in der Nacht gesehen, ansonsten war es eher ein Phänomen, welches sich in höheren Lagen bildet. Ab und an ist es auch einfach eine Wolkendecke, die Hochstraßen bedeckt.

Zurück auf der Hauptstraße durch den Nationalpark wurde aus der Lavalandschaft eine satte grünbemooste Ebene mit Vulkanen. Während wir bereits auf dem Weg zu dieser Halbinsel einen Vulkan erblickten, konnten wir nun auch zum ersten Mal Einen besteigen.

Saxhóll ist ein kleiner etwa 100 Meter hoher Vulkan und liegt recht unscheinbar am Wegesrand zwischen Hauptstraße und Küste.
Mir schien dieser Ort eher schlecht besucht zu sein, dabei kann ich ihn jedem empfehlen.
Vom Rand des Kraters aus kann man die Ebenen am Fuße des Snæfellsjökull wunderbar überblicken, das satte Grün und die umliegenden Krater verleihen diesem Ort eine gewisse Einzigartigkeit. Es ist fast wie eine Mondlandschaft in einem Gewächshaus.

Der Nationalpark ist der einzige Islands, welcher Küstengebiete mit einbezieht, um die Nistplätze der vielen Seevögel an den Klippen der Halbinsel ebenfalls unter die Parkaufsicht zu stellen.
Südlich des Gletschers befinden mit den beiden Orten Hellnar und Arnarstapi, sowie dem Schutzgebiet um Djúpalónssandur schöne Plateaus am Klippenrand von denen aus man die vielen Vogelkolonien beobachten kann.




Auch wenn meine Freunde und ich keine Vogelkenner sind, war der Anblick solch vieler Vögel doch sehr eindrucksvoll und weckt Erinnerungen an die Klippen von Moher im Westen Irlands.
Eigentlich haben wir auf Puffins, also Papageientaucher gehofft, diese Tiere sind bekannt für ihre drollige Flugweise und den kleinen pinguinartigen Körperbau.
Leider haben wir an dieser Stelle kein Glück gehabt, doch ich kann schon einmal vorwegnehmen, dass uns etwas über eine Woche später die Westmanninseln tausendfach entlohnt haben.

Nach einem Halt in Arnarstapi, wo eine Statue des Schutzgeistes des Snæfellsjökull Bárðar Saga Snæfellsáss steht und wie bereits erwähnt ein weiterer ausgezeichneter Ort für Vogelbeobachtungen und Klippenspaziergänge zu finden ist, fuhren wir ein zweites Mal über die Bergstraße 54 neben dem Gletscher in den Norden der Halbinsel um sie in Richtung Landesinnere wieder zu verlassen.

Vorbei an weiteren Wasserfällen erhielten wir einen ersten Vorgeschmack auf die von Fjorden geprägte Landschaft der nordwestlichen und namentlich recht eindeutigen Region Islands, den Westfjorden.

Einen kleinen Geheimtipp hatte ich mir für den Weg von der Halbinsel Snæfellsnes allerdings noch aufgespart.


Wenn man der Straße 54 in nordöstlicher Richtung von der Halbinsel weg folgt, befindet sich auf der rechten Seite nach einigen Fjorden eine weitere Ebene mit Vulkanen und Lavafeldern.
Dieses Gebiet wird von einer sehr spannenden F-Road durchzogen, Berserkjahraun. Wer einmal einen kurzen Abstecher von der asphaltierten Straße machen möchte, den beglückt Berserkjahraun mit tollen Ausblicken auf blutrote Vulkane, schroffe Lavaformationen und Berg- und Talfahrten mit einem Mittelmaß an fahrtechnischer Schwierigkeit. Nicht nur Offroadprofis kommen hier auf ihre Kosten, auch der Familienvater mit Kindern kann hier das 30 minütige Abenteuer abseits der sicheren Hauptstraße finden.

In der Hafenstadt Stykkishólmur hätten wir die Möglichkeit gehabt eine große Fähre in die Westfjorde zu nehmen, haben dies aber nicht genutzt, da die Zeitersparnis sehr gering ist und das ganze 50 € pro Person kostet.
Somit ging es ein ganzes Stück weiter Richtung Norden bis wir in Laugar einer kleinen Hotelanlage mit heißer Quelle einen Platz für die Nacht fanden.

Heiße Quellen sind auf Island weit verbreitet, aber irgendwie haben wir es nicht geschafft uns die Zeit zu nehmen in Einer baden zu gehen.
Die nun 3. Nacht sollte die Letzte sein in der es viel regnet, den Rest der Reise konnten wir Island in seinem schönsten Sommergewand sehen, auch, wenn das trotzdem häufig Kälte bedeutete.
Die nun fehlende Nässe hatte keiner von uns vermisst.

Von Laugar aus begaben wir uns weiter auf der Hauptstraße in die Westfjorde.
Die Nordwestliche Region von Island ist geprägt durch einige der größten und mit Sicherheiten die meisten Fjorde des Landes.
Einige der Fjorde befährt man, indem man einfach an der Küstenlinie entlang fährt und somit sehr lange für eine eigentliche recht kurze Luftlinie braucht.
Manche der Fjorde werden übersprungen, weil Bergstraßen als einziger Weg über die Steilwände an den Fjordrändern führen.

Jede dieser Meeresengen hat seinen eigenen Flair und auch, wenn man mitunter übersättigt wird und sich die Strecke hinzuziehen scheint, ist das Panorama nach jeder Kurve in einen neuen Fjord wieder sehr eindrucksvoll.
Hierbei möchte ich im Besonderen den Fjord von Bíldudalur hervorheben. Bei der Fahrt in diesen Fjord kommt man von einer der Bergstraße in eine sehr schmale und lange Bucht und kann diese von ganz oben bestaunen, bevor man sich langsam die Serpentinen hinab arbeitet.
Allgemein gibt es hier teils große Höhenunterschiede, die allesamt mit dem Auto überwunden werden wollen. Mehrfach haben wir 300 Höhenmeter auf 10 Kilometer langen Strecken bei über 12% Steigung vorgefunden.
Man muss dabei immer bedenken, dass diese Straßen für manche Menschen zum Alltag dazugehören und die für uns beschwerlichen Straßen eben auch ganz normale Arbeitswege sind.

Bevor es allerdings in diese traumhafte Bucht ging fuhren wir an die Nordwestspitze Islands, welche ein Stück weiter im Süden der Westfjorde zu finden ist.
Hier gibt es mit dem gestrandeten Stahlschiff  Garðar BA 64 eine tolle Kulisse für Fotografen und einen super Platz um einfach mal eine Pause einzulegen.



Weiter in Richtung Westen gibt es die Möglichkeit über einen doch sehr holprigen Pass, den man aber auch mit weniger geländegängigen Allradfahrzeugen befahren darf, in Richtung einer weiteren Attraktion der Natur Islands zu gelangen.
Wir haben in den 16 Tagen viele Touristen und Einheimische gesehen, die die Vorschriften ignoriert haben, welche besagen, dass nur Allradfahrzeuge Bergstraßen passieren dürfen.
Auch auf der F614, welche die Bucht des Schiffes Garðar mit unserem nächsten Ziel verbindet, trafen wir abermals auf kleinste PKW, die absolut nichts in diesen Gebieten zu suchen haben.
Ich nehme das einmal zum Anlass euch zu bitten, solltet ihr jemals nach Island fahren, holt euch ein geländegängiges Auto. Kleinstwagen oder Wohnmobile mögen teils günstiger oder komfortabler sein, sie bringen euch aber nicht an Orte wie den rotgoldenen Strand Rauðisandur.

Dieser Strand erstreckt sich über mehr als 10 Kilometer Länge an der Südküste der Westspitze Islands bis zu den Klippen von Látrabjarg, die den westlichsten Punkt Islands markieren.
Dabei erreicht er stellenweise eine beachtliche Breite, die locker mit den großen Exemplaren in Australien oder unserem landeseigenen Riesen bei Warnemünde mithalten kann.
Nicht umsonst wurde Rauðisandur mehrfach zu einem der 10 schönsten Strände der Welt gewählt.

Über sehr steile und felsige Serpentinen fährt man langsam und vorsichtig bis in die Bucht hinein, nur um dann einigen der größten Klippen Islands und abgesehen von kleinen Inseln, dem westlichsten Punkt Europas überwältigt zu werden.

Wahnsinn, wenn man darüber nachdenkt, dass Reykjavik´s Stadtzentrum weniger als 190 Kilometer entfernt ist, man aber einen guten halben Tag für die Strecke braucht und dabei unzählige Fjorde und Bergstraßen überqueren muss.

Das Ende der Welt, wenn auch zivilisiert und voller Leben muss so aussehen.

An den Steilhängen hinter dem Strand befinden sich typisch isländisch lediglich 3-4 Häuser und ein kleines Kaffeehaus neben einer kleinen Kapelle.
 Als ich meinem isländischen Freund erzählte wo genau ich war, konnte er nur lachen und teilte mir mit, dass ich wohl gerade am Sommerhaus seiner Familie sei.
Nach einem kurzen Fotoabgleich hatte ich Gewissheit wirklich gerade da zu sein, wo er mich Monate zuvor hinlotsen wollte.

Da die Flut den Zugang zum Strand sehr erschwerte, gaben wir uns mit Streicheleinheiten der Kühe und Vogelbeobachtungen zufrieden, stiegen wieder in das Auto und fuhren den langen Weg zurück in Richtung Zivilisation.

Weiter nördlich in den Westfjorden befindet sich der Wasserfall Dynjandi, diesen würde ich persönlich als schönsten und idyllischsten Wasserfall bezeichnen, den ich je gesehen habe.
Von einem kleinen Bach gespeist, verteilt sich das Quellwasser wie ein breiter Vorhang über die Bergwand und rieselt über mehrere Stufen insgesamt 100m vom Bergplateau bis in den  Borgarfjörður am Fuße des Wasserfalls.



Über Lavasteine kann man bis direkt unter den Wasserfall gelangen und sich diese Naturschönheit aus nächster Nähe ansehen. Dabei sollte man wetterfestes Schuhwerk und keine Scheu vor Wasser mitbringen.
Die Gicht des Wasserfalls macht die Steine rutschig und die Umgebung feucht, aber die Aussicht entlohnt den Aufstieg.


Die kleine Hafenstadt Þingeyri in einem der nächsten Fjorde sollte unsere nächste Anlaufstelle für eine Übernachtung werden, konnten wir hier doch direkt neben einem der landestypischen kleinen Schwimmbäder campieren und am nächsten Morgen die müden Knochen im heißen Pool entspannen.

Mit frischer Energie ging es am nächsten Tag über die gleiche Route wieder aus den Westfjorden heraus.
Ich hatte mich dazu entschieden nicht weiter in den Norden zu fahren, da hier außer der größeren Stadt Ísafjörður und weiterer malerischer Landschaft nur ein für mich erkennbarer Umweg zu finden war.
Hier ganz im Norden liegt der Nationalpark Hornstrandir und bietet eine ganze Halbinsel voller Wanderwege, Fjorde und Hochland, die es nur zu Fuß zu erkunden gilt.
Sicher ein schönes Ziel, mussten wir diesen Ort jedoch früh von unserer Liste streichen, da er den zeitlichen Rahmen sehr gesprengt hätte und es hier mehrtägiger Wandertouren bedarf, um das Gebiet zu bereisen.

Nachdem wir die Westfjorde abermals durchquert hatten, fuhren wir in Richtung Osten weiter und wurden von sommerlichen Temperaturen begrüßt.
Zum ersten Mal konnte ich die Regenjacke ausziehen und die Sonnenbrille aufsetzen. Ab diesem Zeitpunkt musste ich nur noch gelegentlich zurück wechseln.

Die riesige Bucht östlich der Westfjorde ist bekannt für ihre vielen Pferdezüchter und auch Wale sind hier oft anzutreffen.
Auf dem Weg nach Hvammstangi einem Zentrum der Robbenenthusiasten fuhren wir gut 250 Kilometer ohne jede Möglichkeit zu tanken oder einzukaufen.
Für uns nicht weiter schlimm, mag dies für manch unvorbereiteten nichtsahnenden Touristen schnell zum Problem werden. Nahe der Stadt hält dann jedoch wieder der Konsum das Zepter in der Hand und Dinge des täglichen Bedarfs sind einkaufbar.

In Hvammstangi nutzten meine Freundin und ich den ausklingenden Polartag, um uns den Ort bei tagheller Nacht anzusehen.



Neben dem Hafenbecken fassten wir einen kleinen Shop ins Auge, welcher Souvenirs unter die Touristen bringen wollte.
Der Besitzer kam mit uns ins Gespräch und gab uns zusammen mit dem benachbarten Touristenguide des Robbencenters einige Geheimtipps für das naheliegende Umland.

Am anderen Ende der Halbinsel, auf der Hvammstangi liegt, befindet sich einer der Touristenhotspots im Norden Islands, der Trollfelsen Hvítserkur.
Diese schöne Felsenformation steht allein auf schwarzem Sand vor der kleinen Landzunge.
Viele Touristen klettern jeden Tag die Böschung hinab um das beste Fotomotiv zu erhaschen und verjagen dabei leider dauerhaft die ansässigen Möwen von ihrem Nistplatz.
Die malerische Kulisse faszinierte mich um Einiges mehr als dieser dennoch schön anzusehende Fels.
Ein Ort den man besuchen, aber nicht belagern sollte.


Auch auf dem Weg dorthin bot sich uns dank lokalem Geheimtipp der Blick auf eine kleine Robbenkolonie.
Hier wurde der artgerechte Abstand zum Menschen besser erreicht, da es zu den Felsen der Tiere doch ein ganzes Stück weit nur Wasser gibt.
Von einem kleinen Beobachtungshäuschen aus kann man mit dort stehenden Ferngläsern die Tiere zu sich holen und trotz des gebührenden Abstands genauestens betrachten.
Wenn ihr mich fragt eine sehr viel bessere Lösung als am Ytri Tunga Beach.

Dieser Teil der Insel, das merkt man sehr schnell, ist nicht so karg und zum Zeitpunkt unserer Reise kühl, wie der Rest der Insel.
Starke Meeresstürme, wie wir sie später im Süden des Landes erleben sollten, gab es nicht einmal im Ansatz.
Dies trug dazu bei, das unser nächstes Ziel, abermals ein Geheimtipp, sehr viel angenehmer zu erklimmen war, als das z.B. im Winter der Fall sein dürfte.

Im Süden des touristisch belagerten Hvítserkur befindet sich mit Borgarvegur ein alter Wikingeraussichtsposten im Krater eines Vulkans.
Ich kann jedem der hier lang fährt nur empfehlen sich diese Aussicht zu gönnen.
Auch, wenn von dem ehemaligen strategischen Außenposten nicht mehr viel übrig ist, als höchster Punkt in der näheren Umgebung ist der Kraterrand perfekt für den Weitblick geeignet.
Allgemein erfasst man Island häufig besser aus der Luft, sind doch Gletscher und Lavafelder sehr viel besser zu erleben, wenn man sie von oben in ihrer kompletten Größe wahrnimmt.

Von hier aus ging es weiter in Richtung Akureyri, die nördliche Perle Islands und die viertgrößte Stadt des Landes.
Wer Wildwasserrafting liebt, der findet in den Bergen zwischen Blönduós und Akureyri schier endlose Flachwasserstrecken mit guter Fließgeschwindigkeit.
Man hat fast den Eindruck, dass die Flüsse wie ein Radweg neben der Straße entlang führen.

Akureyri befindet sich im sehr langen und schmalen Eyjafjörður dessen Ufer Naturschutzgebiete für Tier- und Pflanzenwelt sind.
Neben atemberaubenden Panoramen schlugen wir erneut unser Zelt auf, diesmal im kleinen Ort Dalvík, 30 Kilometer nördlich von Akureyri.
Hier mussten wir zum ersten Mal nach einer Schlafgelegenheit auf die Suche gehen, da in Akureyri alle Plätze ausgebucht waren, ein Zeichen dafür, dass wir uns wohl aus der Einsamkeit der Westfjorde verabschieden mussten.
Wir nahmen uns vor am nächsten Tag Akureyri, sowie die sehr touristische Region dahinter zu besuchen.

Akureyri selbst ist, wie so ziemlich jede Stadt in Island eine Hafenstadt.
Hier liegen die Kreuzfahrtschiffe der großen nördlichen Redereien vor Anker und lassen tausende Touristen einige Stunden lang isländische Luft schnuppern.
Die Stadt selbst wirkt nicht sehr überladen, wohnen doch auch hier nur rund 18000 Menschen, jedoch ist der Hafenbereich ungemein überlaufen.
Sonnenschein, Touristen, kristallklares Wasser und Jetskis erinnerten mich auch nicht unbedingt an eine der größten Städte, die es unweit vom Polarkreis gibt.
Statt 100 Kilometer südlich des Polarkreises habe ich mich eher in einer mediterrane Bucht gesehen, die von hohen Gipfeln umgeben ist.

Gut, die Schneekuppen lassen dann doch den Hauch von Kälte erahnen, aber der Rest passte stimmig in das von mir immer weiter entstehende Bild von Island.
Eine Insel deren Natur man nicht in 2 Sätze fassen kann, die immer wieder mit neuen einzigartigen Orten aufwartet, welche man so nicht unbedingt in diesem Land erwartet.

Ich bin froh darüber, dass meinen Freunden und mir viele sonnige Tage beschert wurden. Die Schönheit des Landes wird doch erst mit vielen Sonnenstrahlen sichtbar oder sie hüllt sich in eine Decke aus Schnee und Eis, was natürlich auch seinen Reiz hat.

Die Touristenströme von den Kreuzfahrtschiffen pilgern förmlich zum nächstgelegenen Wasserfall, dem Goðafoss.
Unweit der Stadt ist hier sehr viel Trubel um einen wirklichen schönen und eigentlich idyllischen Ort.
Leider wurde mir auch hier wieder bewusst, dass die Isländer zu Recht eine gewisse Abneigung gegenüber Touristen haben.
Ich beobachtete 2 Minuten lang einen Hobbyfotografen, der versuchte von einem Brückensockel herunter zu klettern, den er zuvor für das perfekte Bild vom Wasserfall erklommen hatte.
Dass er dabei über einem mehr oder weniger reißenden Strom stand und seine Landezone zwei Fuß breit war, merkte er wohl erst, als er wieder herunter wollte.
Ich hatte mein Telefon schon griffbereit, um dem Herren einen Notarzt zu rufen, aber mit mehr Glück als Verstand konnte er dann doch sicher von dem Sockel herunter kommen.

Es hat wenig von Natürlichkeit, wenn Person um Person gestellte Fotos auf demselben Fleck Erde macht. Unsere ungestellten Fotos waren da auch nur minimal besser.
Letztlich denke ich, täten die Isländer sehr gut daran eine Obergrenze für die Tourismuszahlen festzulegen.
Im Beispiel Bhutan funktioniert dies sehr gut, Land und Kultur profitieren ungemein von den wenigen Besuchern, die es dann auch ernst meinen und die Natur und ihre Bewohner kennenlernen, aber auch schützen wollen.
Das täte Island auch sehr gut, aber bisher ist das leider noch kein Thema.

Gleich in der Nähe des Wasserfalls Goðafoss befindet sich mit Mývatn ein sehr großer Kratersee mit schroffer Lavalandschaft bis an den Rand des Ufers.
Dieser See hatte zum Zeitpunkt unseres Besuches ungefähr 10 Grad Wassertemperatur. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Mühsam kletterte ich über die Lavasteine ins kalte Wasser nur um festzustellen, dass die Steine unter Wasser sehr viel rutschiger waren, als ihre trockenen Nachbarn. Aus der langsamen Eingewöhnung wurde leider nichts, ich rutsche unspektakulär weg und planschte ins kalte Wasser.
Es ist Wahnsinn wie klar das Wasser hier ist, hätte ich einen entsprechenden Neoprenanzug dabei gehabt, wäre ich hier stundenlang umher geschnorchelt.
Da das nicht der Fall war, bin ich nach wenigen Schwimmschlägen wieder aus dem kühlen Nass geklettert.

Wenige Meter hinter meinem abenteuerlichen Einstieg befand sich übrigens eine Art Badestrand, dieses Naherholungsgebiet enthält auch mehrere sehr versteckte Badehöhlen mit heißen Quellen, das habe ich jedoch erst nach unserem Urlaub feststellen dürfen.

Daher abermals der Hinweis, eine Islandreise ist nur so gut, wie die Vorbereitung und Recherche von tollen Orten und sehenswerten Dingen.


Davon gibt es mehr in Teil 2 zu lesen, den ich hier in Kürze veröffentliche.